Der Hessische Innenminister Peter Beuth hat sich bei einem Besuch in der Notunterkunft in Kronberg sowie im Anschluss im Erstversorgungszentrum der Stadt Frankfurt einen Eindruck über die Organisation der Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge in Hessen gemacht. Bei seinem Vor-Ort-Besuch dankte der Minister den zahlreichen Helferinnen und Helfern, die sich in den vergangenen Wochen um die aus ihrem Heimatland vertriebenen Menschen gekümmert haben.
„Bereits seit mehr als einem Monat dauert der völkerrechtswidrige Angriffskrieg des russischen Despoten Putin auf die Ukraine an. Viele Millionen Ukrainer mussten aus ihrem eigenen Land flüchten und hoffen jeden Tag, dass Frieden einkehrt und sie in ihre Heimat zurückkehren können. Dank des großartigen Engagements unserer kommunalen Familie und hunderten Freiwilligen der Hilfsorganisationen ist es bis heute gelungen, die Menschen rasch zu versorgen und unterzubringen. Mehr als 7.000 Kriegsflüchtlinge, von denen mehr als 40 Prozent Kinder sind, konnten kurzfristig untergebracht und versorgt werden, Tausende weitere Menschen fanden bei Freunden und Familien in Hessen eine Unterkunft. Gemeinsames Ziel der Kommunen und des Landes ist es jetzt neben der schnellen Unterbringung der Menschen eine noch zügigere und gerechtere Verteilung innerhalb Hessens zu realisieren. Hierzu müssen wir aber auch wissen, wie viele Kriegsflüchtlinge täglich zu uns kommen. Nur der Bund kann die berechtigten Interessen der Städte und Gemeinden nach Planbarkeit für ihre Hilfsmaßnahmen auch mit einem gerechten Verteil- und Erfassungssystem erfüllen“, so Innenminister Peter Beuth.
Innenminister fordert vom Bund Umsetzung eines Verteilungsverfahrens
Hessen hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und der daraus folgenden massiven Flüchtlingsbewegung alles getan, um Geflüchtete aus der Ukraine in einer gemeinsamen Kraftanstrengung mit den hessischen Kreisen und Kommunen bestmögliche Hilfe und Unterstützung zu teil werden zu lassen. Um ein geordnetes Aufnahme- und Unterbringungsverfahren zu gewährleisten, ist es allerdings unabdingbar, dass der Bund Sorge für die Etablierung eines ordnungsgemäßen, effizienten Verteilungsverfahrens trägt und dies in der Praxis auch so umgesetzt wird. Dazu gehört neben einer steten Kommunikation aus hessischer Sicht vor allem die Übermittlung zuverlässiger Zugangszahlen. In Hessen war zuletzt vermehrt festzustellen, dass die vorab avisierten Zugangszahlen regelmäßig vom tatsächlichen Zugang abwichen.
„Für eine geordnete Verteilung der Geflüchteten auf die Länder und in den Ländern ist es wichtig, dass das von der Bundesregierung mehrfach angekündigte, aber noch nicht ausgerollte Erfassungstool ‚FREE‘ endlich zur Verfügung gestellt wird. Hier ist die Bundesregierung in der Pflicht, nachdem die Geflüchteten nicht von der Bundespolizei bei Überschreiten der Grenze, sondern erst nach dezentraler Ankunft in den Kommunen erfasst werden sollen. Ohne dieses Erfassungs- und Verteilsystem und die Eingaben der Ausländerbehörden und Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es keine verlässliche Übersicht darüber, wie viele Menschen kommen werden oder schon bei uns sind“, sagt der Hessische Innenminister Peter Beuth dazu.
Land Hessen bittet Kriegsflüchtlinge, sich bei kommunalen Ausländerbehörden zu melden
Da Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mit biometrischem Pass und einem daraus erwachsenden 90-Tage-Visum zunächst keiner ausländerrechtlichen Meldepflicht unterliegen, kann noch immer keine genaue Gesamtzahl der bisher Eingereisten erhoben werden. Dies gilt auch für diejenigen Flüchtlinge, die ohne biometrischen Pass einreisen und der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie unterfallen. Die Flüchtlinge aus der Ukraine werden aber seitens des Landes Hessen gebeten, sich bei den Ausländerbehörden zu melden, um die weiteren Modalitäten ihres Aufenthalts und mögliche Bedarfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz festlegen zu können, so dass hier eine Nacherfassung erfolgen kann. Den Flyer in deutscher und ukrainischer Sprache zum vereinfachten Aufnahmeverfahren finden Sie hier unter DownloadsÖffnet sich in einem neuen Fenster.
Hessen baut Kapazitäten sukzessive aus
Aktuell sind hessenweit derzeit insgesamt sechs Notunterkünfte mit einer Kapazität von jeweils rund 1.000 Menschen in Betrieb. Diese befinden sich in Marburg-Biedenkopf, dem Wetteraukreis, dem Vogelsbergkreis, dem Hochtaunuskreis, dem Lahn-Dill-Kreis und dem Landkreis Limburg-Weilburg. Die Leitung und Belegung der Einrichtungen wird von der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) übernommen, die ihre Kapazitäten Woche für Woche aufstockt. Darüber hinaus hatte auch die Stadt Frankfurt am Main ihr Erstversorgungszentrum im Umfang von 2.000 Plätzen in der Nähe des dortigen Hauptbahnhofs ausgebaut. An diesem wichtigen Verkehrsknotenpunkt kommt zurzeit die Mehrzahl der geflüchteten Menschen an. Das Land Hessen trägt derzeit die Kosten für den Aufbau und Betrieb der Einrichtungen, für die der Bund noch keine konkrete Finanzierungszusage getroffen hat.
Verteilung an die Landkreise und kreisfreien Städte in Hessen geregelt
Neben der Identitätsfeststellung werden die Geflüchteten in der EAEH medizinisch betreut und erhalten ein Impfangebot. Anschließend werden die Menschen rasch den Landkreisen und kreisfreien Städten in Hessen nach Richtlinie des hessischen Landesaufnahmegesetzes (LAG) zugewiesen. Die Aufnahmequote der Landkreise und kreisfreien Städte wird durch Rechtsverordnung der Landesregierung bestimmt. Dabei wird insbesondere die Einwohnerzahl berücksichtigt. Die Zuweisung an die kreisangehörigen Gemeinden obliegt dann dem jeweiligen Kreisausschuss. Innerhalb der Kommunen können alle in Hessen registrierten Kriegsflüchtlinge aufgrund eines bundesweit einheitlichen Verfahrens ihre Kinder in die Schule schicken, am Arbeitsmarkt teilnehmen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben.
„Die Erstaufnahmeeinrichtung, die Notunterkünfte und das Erstversorgungszentrum dienen als erste Zwischenstation auf dem Weg in unsere Städte und Gemeinden. Für die große Solidarität unserer kommunalen Familie bei der Unterbringung von Hilfesuchenden bin ich sehr dankbar. Die Unterbringung geflüchteter Ukrainer in unseren Kommunen, die Versorgung und die Integration verursachen aber auch hohe Kosten, für welche die Kommunen derzeit in Vorleistung treten. Wir brauchen vom Bund endlich eine klare und transparente Zusage, wie und welche Kosten auf welchem Wege für die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen durch die Bundesregierung finanziert werden“, so der Innenminister.
Hilfeleistungen aus Hessen für die Menschen in der Region hält an
Unterdessen startete in der vergangenen Nacht ein zweiter Hilfskonvoi des Landes Hessen. Im Auftrag des Landes transportiert das Deutsche Rote Kreuz insgesamt rund 150 Paletten mit Isomatten und Schlafsäcken, Windeln und Babynahrung sowie Feuerschutzkleidung und weiteren notwendigen Hilfsgütern über Polen in die Ukraine. Der Konvoi, der aus vier Fahrzeugen besteht, war aus dem DRK-Zentrallager in Fritzlar aufgebrochen.
Aus dem Zentrallager startete bereits Mitte März ein Hilfeleistungskonvoi mit dringend benötigtem Material zur Unterbringung und Versorgung von ukrainischen Flüchtlingen. Die geladenen Hilfsgüter wurden ebenfalls vom Deutschen Roten Kreuz überliefert und umfassten fast 150 Paletten. Des Weiteren liefert das Land rund 160 Sets Feuerwehr-Schutzkleidung bestehend aus Jacke, Hose, Helm und Stiefeln sowie zusätzlich weitere 40 Jacken und Hosen, die verschiedene hessische Kommunen auf Abfrage des Landes zur Unterstützung ukrainischer Einsatzkräfte zur Verfügung gestellt hatten.
Bereits Anfang März hatte sich das Land Hessen an einer Hilfslieferung des Bundes beteiligt und dafür 50.000 OP-Masken, 10.000 Schutzanzüge sowie 10.000 Infektionsschutzhandschuhe bereitgestellt.
Hintergrund:
Auf der Seite Hessen hilft UkraineÖffnet sich in einem neuen Fenster hat die Hessische Landesregierung alle derzeit verfügbaren Anlaufstellen für vom Krieg mittelbar oder unmittelbar betroffenen Menschen in Hessen zusammengefasst. Unter ukraine@hmdis.hessen.de sowie der Hotline 0800 - 110 3333 stehen Mitarbeiter der BAO Ukraine des Landes Hessen für etwaige Fragestellungen von direkt betroffenen Menschen zur Verfügung.